Redewendungen

Wir hören und sagen sie fast täglich: Redewendungen. Doch was bedeuten die Redewendungen wirklich? Woher stammen die oft in Fleisch und Blut übergegangenen Formulierungen?

Den Löffel abgeben.

Das ist ein uralter Satz aus dem frühen Mittelalter. Zu dieser Zeit besaßen die Menschen nicht viel, doch seinen eigenen Löffel hatte jeder. Messer und Gabel waren noch nicht üblich. Der eigene Löffel war fast ein lebensnotwendiges Werkzeug und wurde immer und überall mitgeführt. Das war sowohl in Klöstern als auch auf dem Land üblich. 

Wer starb, hatte für den Löffel ja keine Verwendung mehr und gab ihn sprichwörtlich ab. Verstorbenen Mönchen wurde der Löffel abgenommen und an einen jungen weitergegeben. Auf Bauernhöfen ging der Löffel des Vaters an den Hoferben über. Auch die Hausherrin hatte ihre Suppenkelle als Statussymbol immer an ihrem Gürtel hängen. Nach ihrem Tod ging auch die an ihre Nachfolgerin über.


Ins Gras beißen

Angeblich haben schon die alten Griechen, so Homer in der Ilias und Vergil in der Aeneis, den Todeskampf von Verwundeten auf dem Schlachtfeld so beschrieben. Die Wendung ist tatsächlich bildlich zu verstehen: Um die Schmerzen besser zu ertragen, beißt ein Schwerverletzter ins Gras.

Eine weitere Erklärung kommt aus der Zeit des Ersten Weltkrieges: Bei der sogenannten Notkommunion im Feld, der Feldgeistliche hatte kaum ständig genügend Hostien dabei, konnte die Hostie auch durch Gras oder Erde ersetzt werden, die man dem Sterbenden in den Mund steckte.


„Herein, wenn’s kein Schneider ist!“?

Wenn es an der Tür klopft, rufen ältere Menschen manchmal: „Herein, wenn's kein Schneider ist!“ Ursprünglich hieß der Spruch "Herein, wenn's nicht der Schnitter ist." Ein „Schnitter“ war jemand, der bei der Ernte Getreide oder Gras mähte. Im übertragenen Sinne wurde auch der Tod so genannt.

Früher wurden nämlich manchmal ganze Bevölkerungsscharen gleichzeitig von Seuchen dahingerafft oder verloren ihr Leben im Krieg - fast wie Grashalme, die in großer Menge von einer Sense abgemäht werden.

Auf alten Bildern wird der Tod oft als Sensenmann dargestellt. Es gibt auch ein altes Volkslied, das mit den Worten beginnt:

„Es ist ein Schnitter, der heißt Tod,

Hat G'walt vom großen Gott.

Der Satz bedeutet also ursprünglich: „Herein, wenn's nicht der Tod ist.“ Verständlich, dass der Tod kein gern gesehener Gast ist. Im Zeitalter der Mähdrescher und Rasenmäher ist das Wort Schnitter in Vergessenheit geraten und wurde durch den Schneider ersetzt. So verlor der alte Satz seinen ursprünglichen Sinn.


Du bist ein Schlitzohr

Auch das ist eine blutige Sache. Der Satz kommt ursprünglich aus der Zunft der Zimmerleute, die einen Ohrring trugen und auf Wanderschaft waren. 

Wenn aber nun ein Zimmermannsgeselle grob gegen Gesetze oder Regeln verstoßen hatte oder gar straffällig geworden ist, so wurde ihm der Ohrring ausgerissen. Der Schlitz im Ohr blieb ihm und war sichtbar, somit waren weitere Arbeitgeber oder Meister vorgewarnt. 

Der Ohrring, den neben den Zimmerleuten auch andere Handwerksgesellen, Seeleute und Fischer trugen, war eigentlich kein Schmuck. Er war der einzig angesparte Reichtum seines Träger, mit ihm hätte eigentlich das spätere Begräbnis bezahlt werden sollen. 


Ab durch die Mitte

Hört sich zwar harmlos an, ist aber sehr unangenehm. Auch das kommt aus dem Militär. Wenn ein Soldat etwas verbrochen hat, war eine der möglichen Strafen das sogenannte Spießrutenlaufen. Links und rechts stand je eine Reihe Soldaten mit Ruten in der Hand und auf den Befehl „Ab durch die Mitte" musste der Übeltäter mit entblößten Oberkörper mittendurch rennen und hat dabei ordentlich Schläge einstecken müssen.


Die schreit wie am Spieß

Das sagen wir oft. Der Hintergrund ist allerdings grausam. In den Schwedenkriegen hat diese Soldateska grauenhaft gefoltert und gemordet. Eine beliebte (wenn man das so sagen darf) Foltermethode für Frauen war, sie mit einer Lanze vom Unterleib bis zum Mund aufzuspiessen. Da ging natürlich nicht ohne Geschrei!


Von Tuten und Blasen keine Ahnung haben

Früher gab es, wie heute auch, anspruchsvolle und weniger anspruchsvolle Tätigkeiten und Berufe. Da war zum Beispiel der Hirte und der Nachtwächter. Das hat eigentlich jeder können müssen, da gab es keine Prüfung und keine Zunft, das war ein Hilfsarbeiterjob ohne Vorbildung. Und sowohl de Nachtwächter wie auch der Hirte haben zur Berufsausübung das Horn blasen müssen. Und wer selbst für die zwei Tätigkeiten nicht geeignet war, hat eben von Tuten und Blasen keine Ahnung gehabt und war halt zu allem zu dumm.


Jemandem etwas abknöpfen

Das sagt man heute, wenn man jemand irgend etwas wegnimmt. Früher war das durchaus wörtlich gemeint. Kleidung war früher ein wichtiges Statussymbol, damit konnte man seinen Reichtum und seine Macht demonstrieren. Und dies eben auch mit silbrigen Knöpfen, am besten in zwei oder gar drei Reihen an der Weste oder der Jacke. Hat ein Räuber jetzt einen Reichen überfallen, dann hat er ihm als erstes die gut sichtbaren und wertvollen Silberknöpfe von der Kleidung abgerissen.


Im 7. Himmel sein

Wer im 7. Himmel schwebt ist völlig entrückt oder nach heutigem Sprachgebrauch schwer verliebt. Der Ursprung dieser Redewendung liegt im religiösen Bereich. Sowohl nach jüdischer, als auch christlicher und islamischer Lehre ist der Himmel in 7 Sphären unterteilt. Die siebte Sphäre ist die Sphäre Gottes und wer in diese Sphäre aufgestiegen ist, hat die höchste Glückseligkeit erlangt.


Jemand etwas anhängen

Das bedeutet heute, man redet hinterem hinter seinem Rücken über jemand und verleumdet ihn. Das Anhängen geht auf eine alte Rechtspraxis aus dem Mittelalter zurück und ist durchaus wörtlich zu nehmen. Wenn einer als Gotteslästerer, Schmäher und Flucher oder eine Frau als streitsüchtig verurteilt waren, hat man ihnen bei der öffentlichen Präsentation eine Tafel mit ihrem Vergehen und dem Urteil um den Hals gehenkt, so dass sie als ehrlose Menschen gekennzeichnet waren.


etwas anzetteln

Das heißt, man fängt mit etwas an, man stößt etwas an. Des hat aber mit einem Papierzettel gar nichts zu tun. Wenn früher ein Weber mit einer neuen Webarbeit begonnen hat, dann musste er im Webrahmen auf seinem Webstuhl zuerst die Längsfäden seines neuen Gewebes aufspannen. Dieser Vorgang heißt anzetteln (azettla). Und wenn die Fäden durcheinander gekommen sind, dann hat er sich verzettelt (vrzettlat). Das ist ja auch noch bekannt.


Einen Zahn zulegen

Man sagt das heute, wenn man möchte, dass etwas schneller geht. Mit dem Gebiss hat das aber nichts zu tun. Wer schon einmal in einem Freilichtmuseum in einer alten Küche war, hat dort sicher auch den großen Kessel über der Feuerstelle gesehen. Der hängt an einer Kette mit Kesselhaken in der Mitte. Das sind Zähne wie in einer umgekehrten Säge. An diesen Zähnen wurde der Kessel aufgehängt und wenn es nötig war, hat man den Kessel einen Zahn weiter hinab gehängt, dann war er näher am Feuer und der Inhalt kochte schneller.


"Ach du heilig\u2019s Blechle!"

Schwäbischer Ausruf von (meist freudiger) Überraschung. Betteln war einst in Württemberg verboten, außer man konnte zum Zeichen der amtlichen Erlaubnis eine entsprechende und heiß begehrte Blechmarke vorweisen. Heute meint der Schwabe mit dem Heilig’s Blechle häufig sein Auto.


„Da warst du noch in Abrahams Wurstkessel“

„Da warst du noch nicht gezeugt“. Vermutlich entstand diese Redensart nach dem Hebräerbrief im Neuen Testament. Darin ist die Rede davon, dass Levi zu der Zeit, als sein Urgroßvater Abraham dem Hohepriester Melchisedek begegnete, noch „in Abrahams Lende“ war.


„Der hat Dreck am Stecken“

Ein Stecken ist ein Stock, ein Spazierstock. Ist ein Verbrechen draußen bei nassem Wetter geschehen, so verdächtigt man niemanden, der saubere und trockene Schuhe trägt. Hatte er aber einen Stecken dabei, so vergaß er bestimmt, diesen auch zu säubern. Durch den Dreck am Stecken (Stock) wurde schon so mancher überführt und es wurde ihm nachgewiesen, dass er etwas Unrechtes getan hat. Jemand der Dreck am Stecken hat, versucht etwas zu vertuschen. Er hat in der Vergangenheit etwas Böses getan


„Jemanden etwas in die Schuhe schieben“

In vielen Herbergen übernachteten früher die umherziehenden Menschen für wenig Geld gemeinsam in großen Schlafräumen. Unter ihnen gab es auch oft Diebe. Um bei einer polizeilichen Durchsuchung nicht entdeckt zu werden, steckten Diebe ihr Diebesgut schnell in fremde Schuhe. Diese standen in den großen Schlafsälen ja überall herum. Auf diese Weise wurde oft der ahnungslose Besitzer des Schuhs beschuldigt und nicht der eigentliche Dieb.


„Jemand ist auf dem Holzweg“

Holzweg bedeutet nichts anderes als Irrweg. Ein Holzweg ist ein Waldweg, der von den Waldarbeitern genutzt und angelegt wurde. Er führte in den Wald, von hier aus wurde das geschlagene Holz aus dem Wald in die Orte gebracht. Der Weg führt aber nur soweit in den Wald, bis dorthin, wo die Fällarbeiten stattfinden. Er verbindet also keine Orte miteinander, sondern endet oft mitten im tiefen Wald. Wenn jemand sich auf dem Holzweg befindet, ist er im Irrtum, denn dieser Weg führt nicht zum Ziel.


„Ich versteh nur Bahnhof“

Das sagt man, wenn man tatsächlich nichts versteht oder nichts verstehen will. Diese Redensart stammt aus der Soldatensprache, wo die Soldaten nach Jahren des Krieges nur noch das Wort „Bahnhof“, das für sie dann gleichbedeutend war mit „Heimfahrt“, hören wollten.


Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.