Die Redolf-Krippe in Fridingen - Die Stiftung
Kammerer Bernhard Ruess, Stadtpfarrer in Fridingen von 1899 bis 1924, war ein sehr kunstsinniger Geistlicher und hat vieles zur künstlerischen Ausstattung und Gestaltung der Fridinger Pfarrkirche beigetragen, unter anderem hat er auch die drei farbigen Fenster mit der Kreuzigungsgruppe im Chorraum gestiftet. Schon bald nach seiner Ankunft in Fridingen war ihm die Anschaffung einer schönen und passenden Krippendarstellung für die Kirche ein wichtiges Anliegen. Allerdings fehlte der Kirchengemeinde damals das nötige Geld dazu. Er fand aber bald eine Stifterin. Lydia Hermann hatte für seine Anliegen zur Verschönerung der Kirche ein offenes Ohr und versprach zu helfen.
Lydia Hermann ist am 10. Dezember 1838 in Fridingen als viertes von insgesamt zehn Kindern des Söldners und Taglöhners Fidelis Hermann (1806-1876) und seiner ersten Frau Agatha Hermann (1807-1846) in bescheidenen Verhältnissen geboren. Die Familie lebte im Gebäude Bahnhofstrasse 52 (heute „Lila-Raute“), das Fidel Hermann 1833 erbaut hatte. Im Alter von 22 Jahren wanderte Lydia Hermann im Frühjahr 1860 nach Amerika aus und ließ sich in Chikago nieder. Als Beruf gab sie bei der Einreise „Koch“ an. Vier ihrer Geschwister und später ihr Neffe sind ebenfalls nach Chikago ausgewandert. Lydia Hermann muss in Amerika viel gearbeitet und gut verdient haben. Sie konnte einiges ansparen und kehrte spätestens um 1895 nach Fridingen zurück.
Am 8. April 1901 schrieb sie ihr zweiseitiges Testament nieder. Darin vermachte sie der katholischen Kirchengemeinde Fridingen nach ihren Vorgaben 1.500 Mark.
Lydia Hermann konnte die Frucht ihrer frommen Stiftung allerdings nicht mehr selbst sehen, sie verstarb im Alter von 64 Jahren am 8. Juni 1902 in Fridingen. Am 12. Juni 1902 wurde das Testament eröffnet und Pfarrer Bernhard Ruess erfüllte nun den Wunsch der Stifterin. Aufgrund seiner früheren Tätigkeit als Vikar und Kaplan in Bergatreute, Schussenried und Ravensburg kannte Stadtpfarrer Ruess den angesehenen Bildhauer Valentin Redolf aus Gebrazhofen bei Leutkirch wohl schon persönlich. Ihm erteilte er mit Zustimmung des Kirchenstiftungsrates am 15. September 1902 den Auftrag, eine Weihnachtskrippe für die Fridinger Pfarrkirche zu liefern.
Zur genaueren Definition dieses Auftrages wurde folgender Vertrag zwischen Stadtpfarrer Ruess und Valentin Redolf abgeschlossen:
„Der Hochwürdige Herr Stadtpfarrer Kammerer Ruess in Fridingen beauftragt mich laut Schreiben vom 15. September des Jahres für die dortige Stadtpfarrkirche eine Krippendarstellung nach der von mir entworfenen (und mit Ausnahme einiger ausbedungenen Abänderungen) vorgelegten Skizze auszuführen, bestehend aus einem Stallgebäude 2,50 m breit, 1,60 m hoch und 0,80 m tief mit Stern, 19 Figuren, 1 Elefant, 1 Kamel, 1 Ochse, 1 Esel, 8 Schafe, 1 Hund."
Valentin Redolf nahm mit der Unterzeichnung des obigen Vertrages den Auftrag an und verschickte die fertige Weihnachtskrippe pünktlich und gut verpackt in zwei großen Holzkisten per Bahnfracht von Leutkirch aus am 21. Dezember 1902. Am 24. Dezember 1902 kam die Krippendarstellung wohlbehalten in Fridingen an. Valentin Redolf kam am 24. Dezember persönlich nach Fridingen und baute die Krippe selber auf. Zunächst allerdings noch nicht gleich in der Kirche, sondern zur Abnahme des Kunstwerkes zuerst im oberen Rathaussaal, wo er sie auch fotografierte. Dann stellte er sie zusammen mit dem damaligen Messner Konrad Epple (1860-1940) in der Kirche auf. Für diese „Dienstleistung bei dem Aufstellen der Krippendarstellung“ durfte Konrad Epple einen Arbeitslohn in Höhe von einer Mark in Rechnung stellen, die ihm am 18. Januar 1903 von der Kirchenpflege ausbezahlt wurde.