Der Landespolizeiposten Fridingen
Autor: Alban und Erika Merz
Veröffentlicht in: Gesammelte Aufsätze zur Fridinger Geschichte Band 1
Liebe Fridingerinnen und Fridinger! Als ich vom Heimatkreis hörte, daß es in Fridingen noch Leute gibt, die sich daran erinnern, daß ich vor 40 Jahren den Polizeiposten Fridingen eröffnete, freute ich mich, denn es ist immer schön zu hören, daß man nicht vergessen ist.
Wenn es aber nach dem Willen der Obrigkeit gegangen wäre, dann hätte Fridingen schon vor 1954, nämlich im Jahr 1937, einen eigenen Posten bekommen. Dies ist nachzulesen in dem Buch "Schutzleute und Landjäger in Stadt und Oberamt Tuttlingen 1807 - 1952" von Manfred Teufel, Leiter der Polizeidirektion Tuttlingen. Dort heißt es: "Mit Erlaß vom 7. September 1937 wurde dem Landrat in Tuttlingen die Übersicht über die Verteilung der Gendarmen im künftigen Kreis Tuttlingen vorgelegt." Als erste Nebenstelle der Gendarmerie-Hauptstelle Tuttlingen wird Fridingen genannt, das auch für Neuhausen, Mühlheim und Irndorf zuständig sein sollte. Dagegen erhob der Landrat Bedenken: "Gewisse Bedenken bestehen meiner Ansicht nach gegen die Aufhebung der bisherigen Nebenstellen Neuhausen und Mühlheim und die Zusammenfassung in einer mit zwei Gendarmen besetzten Nebenstelle in Fridingen." Die Sorge des Landrates war, daß die Kreisstraße Neuhausen-Tuttlingen von Fridingen aus nur schwer zu überwachen sei und von Tuttlingen her aus personellen Gründen auch keine Überwachung erfolgen könne.
Diese Einwände wurden berücksichtigt, und es blieb bei den alten Posten Neuhausen und Mühlheim. 17 Jahre später war es dann soweit. Als damals im Frühjahr 1954 die Ausschreibung des Polizeipostens Fridingen erfolgte, habe ich mich im Einvernehmen mit meiner Frau entschlossen, mich für diesen Posten zu bewerben. Ich war damals 31 Jahre alt und beim mehrmännigen Polizeiposten Tuttlingen-Land tätig. Meiner Bewerbung wurde stattgegeben und die Besetzung des neu einzurichtenden einmännigen Polizeipostens Fridingen auf Sonntag, den 1. August 1954 bestimmt. Unser Umzug nach Fridingen erfolgte am 2. August 1954. Zunächst bezogen wir die Drei-Zimmer-Wohnung bei Frau Christine Mattes in der Bahnhofstraße. In dieser Wohnung mußte auch das Dienstzimmer eingerichtet werden. Sie können sich sicher vorstellen, wie eng es hier zuging. Zu meinem neuen Dienstbezirk gehörte auch die Gemeinde Irndorf. Fridingen hatte damals circa 1600 und Irndorf zwischen 400 und 500 Einwohner. Fridingen wurde bis 1954 vom Polizeiposten Neuhausen und Irndorf vom Polizeiposten Mühlheim aus betreut. Damals waren in Fridingen Herr Herwanger und in Irndorf Herr Haselmeier Bürgermeister.
In der schwierigen Anfangs- und Aufbauphase lief aber nicht alles nach meinem Wunsch. Von der Bundespost konnte ich zunächst keinen Telefonanschluß mit einer eigenen Rufnummer bekommen. Ich wurde also ersucht, und das ist für heutige Verhältnisse unvorstellbar, jemand zu finden, der die Rufnummer mit mir teilt. Der inzwischen leider verstorbene Karl Braun war damals so nett und hat mir diese Bitte erfüllt; dafür war ich ihm sehr dankbar. Nach etwa acht Wochen habe ich dann eine eigene Rufnummer bekommen, was die Dienstgeschäfte erleichterte. Mein Dienstbetrieb begann zunächst mit Innendienst. Es mußten ein Aktenplan, ein Streifenplan und ähnliches angelegt werden. Die regelmäßig durchzuführenden Streifengänge waren alle mit einer Nummer versehen. So war zum Beispiel Streife Nummer 1: Fridingen - Bergsteig - Ziegelhütte - Bronner Mühle - Jägerhaus - Fridingen. Die verschiedenen Streifen wechselten im Ablauf, wöchentlich waren je eine Früh- und eine Abendstreife und zweimal monatlich eine Nachtstreife durchzuführen. Außer dem Geschäftstagebuch mußte auch ein Diensttagebuch geführt werden. In dieses Diensttagebuch mußte ich jede Streife und alle Tätigkeiten in zeitlicher Abfolge eintragen und jeden Monat einen Abschluß- und Tätigkeitsbericht erstellen.
Der Bürodienst erforderte schon damals viel Zeit. Alle diese anfallenden Dienstgeschäfte und die Dienststreifen mußte ich zunächst mit dem Fahrrad oder eben zu Fuß durchführen. Nach einiger Zeit bekam ich ein Dienstkraftrad und später einen Dienstwagen. Das Kraftrad kam dann zur Dienststelle nach Tuttlingen zurück. In dieser Anfangszeit mußte auch der Ortsarrest, der damals im ersten Stock des Ifflinger Schlosses untergebracht war, ausbruchsicher umgestaltet werden. Schreiner Alois Karl und ich waren darin kurioserweise die ersten Gefangenen. Auch der "Zigeuner-Sepp", an den sich sicher viele noch lebhaft erinnern können, hat hier häufiger Alogiert. Im Jahr 1957 wählten die Fridinger einen neuen Bürgermeister. Ihre Wahl fiel auf Hubert Schiebel, der leider im vergangenen Jahr nach längerer Krankheit verstorben ist. Ich suchte in dieser Zeit eine größere Wohnung, da auch meine Familie größer geworden war, und sprach deshalb auf dem Rathaus vor. Auf meine Anfrage sagte mir Herr Schiebel, daß die Lehrerwohnung im Rathaus, in der seinerzeit Rektor Josef Hagel wohnte, bald frei würde und schon für uns bestimmt sei. Der Umzug in diese Wohnung erfolgte 1958, der Polizeiposten wurde ebenfalls in die neue Wohnung verlegt. Es gefiel uns in Fridingen sehr gut, und wir hatten eigentlich die Absicht, in Fridingen zu bleiben. Dann aber kam die Kreisreform. In diesem Zusammenhang wurden die Polizei-Einzelposten aufgelöst; darunter fiel auch Fridingen. Da in Mühlheim schon immer ein Polizeiposten war, wurde dieser belassen und mit mehr Beamten verstärkt, die dann auch den Dienstbezirk Fridingen übernahmen. Die Auflösung des Landespolizeipostens Fridingen erfolgte zum 1. März 1973.
Ich habe mich dann entschieden, mich auf 1. März 1973 zum Bezirksdienst nach Tuttlingen versetzen zu lassen. Im Herbst 1973 verließen wir Fridingen und zogen in unser Haus nach Seitingen. In meiner nahezu 20jährigen Amtszeit in Fridingen hat sich vieles getan. Besondere Ereignisse waren die großen Feste bei der 1100-Jahr-Feier und das Narrentreffen, die jeweils viel Arbeit mit sich brachten. Ich denke aber auch zurück an sehr traurige Ereignisse wie den Erdrutsch bei der Bronner Mühle, bei dem drei Menschen sterben mußten, die jüngste Tochter konnte gerettet werden. Oder das schlimme Zugunglück am Bahnposten zwischen Mühlheim und Fridingen, das zwei kleinen Kindern das Leben kostete. Am Knopfmacherfelsen stürzte ein Mann ab und konnte nur noch tot geborgen werden. Zudem gab es einige Suchaktionen nach vermißten Personen; die meisten endeten aber Gott sei Dank gut. Dann gab es auch brenzlige Situationen, zum Beispiel den Überfall auf die Volksbank oder den versuchten Einbruch im Textilgeschäft Riedinger, wo Thomas Riedinger und ich den Täter bei der Brünnele-Kurve zwischen Fridingen und Mühlheim fassen konnten. Die Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister, dem Rathaus allgemein, der Feuerwehr und dem Roten Kreuz war immer bestens. Wann immer es war, hatte ich die Unterstützung von der Bevölkerung. Ich fühlte mich nie alleine, auch dann nicht, wenn es darauf ankam. Es war eine schöne Zeit in Fridingen, und wir denken oft und gerne daran zurück. Wir sind mit Fridingen immer noch verbunden und werden es auch weiterhin sein.
Mit freundlichen Grüßen Alban und Erika Merz