Rückblick: Von Kapelle zu Kapelle
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Mit dem Hinweis Ecce homo stellt nach der Darstellung des Johannesevangeliums der römische Statthalter Pontius Pilatus den gefolterten, in purpurnes Gewand gekleideten und mit einer Dornenkrone gekrönten Gefangenen Jesus von Nazaret vor, weil er keinen Grund für seine Verurteilung sieht. Die jüdische Führung fordert daraufhin Jesu Kreuzigung. Der Ausruf im ursprünglich griechischen Text des Johannesevangeliums bedeutet „Siehe, der Mensch“. Die lateinische Version „ecce homo“ stammt aus der Vulgata und ist von dorther in die christliche Tradition und die Kunstgeschichte eingegangen.
Ecce homo als Motiv der Kunst
Die ersten Darstellungen der Ecce-homo-Szene in der bildenden Kunst sind im 9. und 10. Jahrhundert im syrisch-byzantinischen Kulturkreis zu finden. Weite Verbreitung fand das Motiv, als im 15. und 16. Jahrhundert die Passion zum zentralen Thema der abendländischen Frömmigkeit wurde. Sowohl im Passionsspiel des mittelalterlichen Theaters als auch in geradezu szenisch wirkenden Illustrationen der Passionsgeschichte war die Ecce-homo-Szene enthalten, etwa in den Passionen von Albrecht Dürer oder Graphiken von Martin Schongauer. Wie die Passionsspiele wurden auch bildliche Darstellungen der Ecce-homo-Szene vielfach für antijüdische Darstellungen des Volkes von Jerusalem genutzt, das durch aufgeregtes Gestikulieren und verzerrte Fratzen charakterisiert wurde.
Besonders im 19. und 20. Jahrhundert wird das Ecce-homo-Motiv als Bild für das Leiden und die Entwürdigung des Menschen durch Gewalt und Krieg in seiner Bedeutung erweitert. Bekannte Darstellungen der Moderne sind Lovis Corinths Spätwerk Ecce homo (1925), das Jesus mit einem als Arzt gekleideten Pilatus und einem Soldaten aus der Perspektive der betrachtenden Menge zeigt, und Otto Dix' Ecce homo mit Selbstbildnis hinter Stacheldraht von 1948.