Auf den Spuren von Jan Hus in Konstanz
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Am Samstag, 23. Mai 2015, folgten 25 Interessierte der Einladung des Heimatkreis und erkundeten unter sachkundiger Führung das Leben und Sterben des tschechischen Reformators Jan Hus. Frau Dr. Libuse Rösch, Leiterin des Hus-Museums beim Schnetztor in Konstanz, erklärte uns anschaulich auch die bisher unbekannten Seiten ihres tschechischen Landsmannes.
Jan Hus ist 1372 in Husinec in Südböhmen/Tschechien geboren und studierte an der Prager Universität. 1396 erhielt er den Titel Magister Artium, 1400 wurde er zum Priester geweiht. Er hielt Vorlesungen in Theologie an der Prager Universität, wurde 1401 zum Dekan der philosophischen Fakultät und dann zum Rektor der Universität ernannt. Daneben übernahm er Priestertätigkeiten an der Bethlehem-Kapelle, an der er in tschechischer Sprache anstatt dem traditionellen Latein predigte. Wie später Martin Luther wandte er sich der Sprache seines Volkes, dem Tschechischen, zu und wirkte ähnlich sprachbildend wie Luther für das Deutsche; und wie Luther wollte auch Hus, dass das Volk die Bibel in seiner Sprache lesen konnte. Tausende hörten ihm zu; seine Anhänger rekrutierten sich vor allem aus der tschechischen Bevölkerung, während die deutsche Oberschicht sich weiter an die traditionelle katholische Kirche hielt.
Die tschechische nationalistische und reformistische Bewegung, die von Jan Milíc, dem böhmischen Volksprediger des 15. Jahrhunderts, eingeleitet worden war, erweckte bald auch Hus' Interesse. Beide übten heftige Kritik am weltlichen Besitz der Kirche, an Korruption und Ablasshandel, traten für die Autorität des Gewissens ein und versuchten, durch ihre Predigten die Kirche dem Volk näherzubringen. Beide vertraten die Lehre von der Prädestination, betrachteten allein die Bibel als letzte religiöse Autorität und sahen allein in Christus das wahre Oberhaupt der Kirche.
1408 gingen beim Bischof Beschwerden über Hus' Predigten ein. Darauf wurde ihm die Ausübung seiner priesterlichen Funktionen untersagt. Hus wurde 1410 verbannt, daraufhin brachen in Prag Unruhen aus. Die Demonstrationen des Volkes ermöglichten es Hus, trotz des 1412 ausgesprochenen Verbots, seine Predigten fortzusetzen. Da jedoch bald schon viele seiner einflussreichen Unterstützer ihre Stellungen verloren, flüchtete Hus aus Prag und wurde auf einem Schloss von einigen adligen Freunden aufgenommen. Im Jahre 1413 schrieb er sein Hauptwerk De Ecclesia, Über die Kirche.
1414 wurde Hus aufgefordert, sich dem Konstanzer Konzil zu stellen, welches zur Beendigung des Kirchenschismas und zur Unterdrückung von als Häresie betrachteten Lehren einberufen worden war. Mit dem Versprechen des Königs Siegmund auf freies Geleit hoffte Hus, seine Lehren erfolgreich verteidigen zu können, wurde jedoch gleich bei seiner Ankunft festgenommen und in der Burg des Kostanzer Bischofs, dem Schloss in Gottlieben, inhaftiert. Er lehnte es ab, die Lehrautorität des Konzils anzuerkennen, da es in seinen Aussagen nicht mit der Bibel übereinstimmte, und verweigerte den Widerruf seiner Schrift De Ecclesia und seiner Überzeugung, dass die Kirche die nicht hierachisch zu gliedernde Versammlung der durch Prädestination Erwählten sei, deren Haupt allein Christus darstellt. Da er die Aufforderung zum Widerruf seiner Lehren und zur Unterlassung der Predigertätigkeiten kategorisch ablehnte, wurde er schließlich verurteilt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt, der Überlieferung zufolge an der Stelle des heutigen Denkmals Hussenstein.
Höchst interessant schilderte unser Stadtführer Kurt Lang bei einem ausgiebigen Rundgang die Hus-Orte in Konstanz. Eindringlich erläuterte er im Dom und am Hussenstein den 6. Juli 1415, der letzte Erdentag für Jan Hus. Sein Weg führt in den Dom von Konstanz, der bis auf den letzten Platz besetzt ist. Unter den Anwesenden: König Sigismund und seine Adligen, die hohen Würdenträger des Reiches mit ihren Abzeichen und die Kardinäle mit ihren glänzenden Gewändern. Nach der Messe wird Hus hineingebracht und auf einen erhöhten Platz geleitet. Alle Anklagenpunkte werden verlesen. Hus darf dagegen seine Stimme nicht erheben, sondern muss sich still anhören, dass er ein hartnäckiger und unverbesserlicher Ketzer sei, der durchaus nicht in den Schoß der Kirche zurückkehren wolle. Sofort wird mit einer Entweihungshandlung begonnen, die sieben Bischöfe ausführen: Hus wird mit priesterlichen Gewändern bekleidet und, mit einem leeren Abendmahlskelch in der Hand, zum Hochaltar geführt – gerade so, als hätte er eine Messe zu zelebrieren. Am Altar wird Hus der Kelch abgenommen, die Gewänder werden ihm ausgezogen und ein Kreuz in seine Haare geschnitten. Er wird zur Domtüre hinaufgestoßen, dort setzt ihm der Bischof von Konstanz eine kegelförmige mit Teufeln bemalte Papiermütze auf den Kopf, auf der geschrieben steht:„Erzketzer“. Jan Hus, der alles in Ruhe mit sich geschehen lässt, erinnert daran, dass Christus für ihn die Dornenkrone getragen habe; und so wolle er um seiner Wahrheit willen diese leichtere tragen. Als Bischöfe ihm lauthals zurufen, dass seine Seele den höllischen Teufeln übergeben würde, sagt er: „Ich aber übergebe meinen Geist in deine Hände, o Herr Jesus Christus; dir befehle ich meine Seele, die du erlöst hast.“ Die abstoßende Zeremonie endet mit der Erklärung, dass Hus nun außerhalb der Kirche stände und darum der weltlichen Macht übergeben werde. Diese soll das Todesurteil aussprechen und vollziehen, damit die Kirche behaupten kann, sie habe kein Blut vergossen. Die Vertreter der weltlichen Obrigkeit erklären ohne Zögern, dass Hus verbrannt werden müsse.
2000 Bewaffnete mit dem Pfalzgrafen Ludwig an der Spitze und eine große Volksmenge begleiten Hus auf seinem letzten Gang zu einer Wiese in der Nähe des Rheins. Es wird ein Umweg eingeschlagen, um Hus zu zeigen, wie seine Bücher am bischöflichen Palast verbrannt werden. Hus lächelt nur darüber. Als er den Scheiterhaufen sieht, fällt er auf seine Knie und betet innig. Er wird mit nassen Stricken und mit einer rostigen Kette um den Hals an ein Brett gefesselt. Holz und Stroh wird geschichtet und mit Pech übergossen. In letzter Minute wird er noch einmal gefragt, ob er dem Feuertod durch Abschwören entgehen will. Doch er weigert sich auch jetzt! Die Henker zünden das Feuer an. Der Holzstoß flammt auf. Zweimal hört man den Märtyrer rufen: „Jesus Christus, Sohn des lebendigen Gottes, erbarme dich meiner.“ Um einer eventuellen Reliquienverehrung vorzubeugen wird die Asche in den Rhein gestreut. Die Hinrichtung leitete Friedrich VI., der spätere Kurfürst von Brandenburg, der Stammvater der preußischen Könige und deutschen Kaiser aus dem Hause Hohenzollern.
Vor seiner Verbrennung soll Hus gesagt haben: Heute bratet Ihr eine Gans - Hus heißt auf Deutsch Gans - aber aus der Asche wird ein Schwan entstehen - was später oft auf Luther gedeutet wurde, der deshalb mit einem Schwan dargestellt wurde.
Angesichts des günstigen Wetters nutzte die Gruppe den Nachmittag zu einem Bummel durch Konstanz und zum See sowie zur gemütlichen Einkehr. Der gesellige Abschluss fand im Berghaus Knopfmacher statt, wo man sich noch am samstäglichen Wurstsalatbuffet stärken konnte.